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Fasten - Tagebuch eines Selbstversuchs


In der letzten Woche habe ich drei Bücher gelesen, die mich in Summe dazu verführt haben, eine Woche zu fasten. Dr. med. Rüdiger Dahlke [1], der in quasi jedem seiner Bücher das Fasten als heilsam propagiert, führt erneut aus: "Ich denke, viel besser [...] wäre, [...] die Nahrung richtig zu beurteilen. [...] Fasten bringt uns in idealer Weise unserer innereren Stimme wieder näher und führt so zur Entdeckung des eigenen inneren Arztes." Diese innere Stimme ist unsere somatische Intelligenz. Darüber haben wir im Blogbeitrag "Gesunde Ernährung" schon gesprochen. Nicht nur Dahlke ist davon überzeugt, dass wir uns durch Fasten wieder stärker mit unserer somatischen Intelligenz verbinden, auch der Fastenarzt Dr. med. Lützner [3] führt aus, dass Fasten als Weg zu innerer Ordnung, als Prozess der eigenen Entwicklung und Reife erlebt wird. "Nichts kann uns besser helfen, als eine Selbsterfahrung, ein Erlebnis, das jeder Mensch nur mit und durch sich selbst haben kann [...] Es bietet die wohl beste Möglichkeit, aus dem Zuviel unserer konsumbetonten Zeit herauszufinden und (wieder) zu lernen, maß- und sinnvoll zu essen."


Meine Fastenziele: durchhalten, Achtsamkeit üben und meiner somatischen Intelligenz wieder ein Stückchen näher kommen. Die nachfolgenden Aufzeichnungen sind keine Fastenanleitung, sondern meine persönlichen Erfahrungen. Bevor Ihr Euch dazu entschließt, zu fasten, solltet Ihr unbedingt Fachliteratur zu Rate ziehen bzw. Euch mit einem kompetenten Artz besprechen, um Euch auf das Fasten einzustellen. Nicht zuletzt, da auch weitere Aspekte, wie die Darmentleerung, eine wichtige Rolle spielen. Fasten nach Lützner heißt: "In den [fünf] Fastentagen nichts essen - nur trinken". Davor gibt es einen Entlastungstag und nach dem Fasten 1-2 Aufbautage.


Mein Entlastungstag

Etwas Rohkost; Ballaststoffe in Form von Leinsamen, die ich in verdünnten Obstsaft einrühre; ungesüßten Tee und Wasser. Obwohl ich meine Rohkostportion erst gegen 17 Uhr zu mir genommen habe und vorher nur Wasser und Tee getrunken habe, funktioniert der Entlastungstag gut und geht ohne Hungergefühle zuende.


1. Fastentag

Der schwierigste Teil des Tages ist, auf meinen morgendlichen Kaffee zu verzichten. Tagsüber gibt es ungesüßten Tee mit frischem Ingwer und Wasser. Ich friere sehr und habe eiskalte Hände und Füße, was völlig untypisch für mich ist. Gegen 18h bekomme ich richtig schlechte Laune. Um meiner Familie nicht auf die Nerven zu gehen, schlürfe ich noch eine klare Gemüsebrühe und gehe mit einem Buch früh ins Bett. Ich schlafe gegen 21 Uhr ein und wache um 4 Uhr auf - schweißgebadet, aber glockenwach und relativ fit. Durch die wegfallende, nächtliche Verdauungsarbeit braucht der Körper wohl weniger Schlaf während der Fastenzeit.


2. Fastentag

Wieder fällt der Verzicht auf Kaffee am morgen schwer. Der Vormittag läuft gut, bis ich gegen 15 Uhr einen Mordshunger bekomme. Eine Schlüssel Gemüsebrühe hilft über das Gröbste hinweg. Ich überwinde den inneren Schweinehund und halte durch. Danach arbeite ich intensiv und bin abgelenkt. Abends gibt es einen Yogi-Guten-Abend-Tee, der mich recht schnell einschlummern lässt.


3. Fastentag

Der Kaffeeverzicht fällt heute überraschend leicht, obwohl ich sehr müde bin. Insgesamt macht heute, nur Tee und Wasser zu trinken, keine Probleme. Ich laufe 5 km mit den Hunden und komme am Abendbrottisch gut mit meiner Gemüsebrühe klar, obwohl der Rest der Familie normale Nahrung isst. Dann mache ich den ersten Fasten-Anfängerfehler und schaue mir abends im Bett ein Kochbuch an, das ich mir neu gekauft habe. Einige Rezepte sehen sehr lecker aus und inspirieren mich zum Nachkochen. Mein Magen fängt laut an zu knurren, ich lege das Buch ganz schnell zur Seite.


4. Fastentag

Meine Nacht ist um 3:30 Uhr zuende. Soll das jetzt die normale Fastenzeit-Bettruhe sein? Schlafen bis maximal 3:30 Uhr oder 4 Uhr? Mmmmhhhh... das nervt ganz schön. Ich nutze die Zeit und lese ein Buch, schlafe nochmal ein, bis um 6:15 Uhr der Wecker klingelt. Mann bin ich müde! Ich besinne mich auf die Aufgabe und bereite meinen Morgentee achtsam mit frischem Ingwer und Kardamom zu. Mein Arbeitstag verläuft ohne Probleme; Konzentrationsprobleme habe ich keine. Am Abend wird's schwer. Ich backe für meine Familie einen Mandelkuchen und beschließe, den fünften Fastentag wegzulassen. Ich habe einfach keine Lust mehr.


5. Fastentag

Nach einer erholsamen Nacht wache ich auf und revidiere meinen Entschuss des Vorabends: "Diesen einen Tag schaffe ich jetzt auch noch!". Dazu kommt, dass am Vorabend meine neue Saftpresse eingetroffen ist. Ich fahre in der Früh zum Bio-Markt und kaufe Früchte und Obst. Zum Frühstück gibt es einen Rote Beete-Möhren-Saft mit frischem Ingwer und frischem Kurkuma - natürlich nach Fasten-Manie mit Wasser verdünnt. Trotzdem köstlich! Mittags probiere ich Orange-Grapefruit-Himbeere (Mitte) und abends Grünkohl-Gurke-Kiwi-Ananas. Alle drei sehr lecker. Als ich im Bett liege gurgelt mein Magen wie verrückt. Trotzdem bin ich stolz und glücklich, die Fastentage geschafft zu haben.


Mein Aufbautag

Fastenbrechen mit Obst. Ich merke, wie ich beginne, meinen Apfel herunter zu schlingen, so freue ich mich über feste Nahrung. Und meine somatische Intelligenz meldet sich sofort. Die Apfelstücke hängen mir wie Steine in Rachen und Magen. Der nächste Anfängerfehler, obwohl ich zu Beginn des Fastens gelesen hatte, dass der Körper sich erst wieder langsam an die Aufgaben gewöhnen muss, die er bei der Nahrungsaufnahme zu bewältigen hat. Gegen Mittag laufe ich mit einer Freundin und drei Hunden 1,5 Stunden durch den verschneiten Wald. Die Luft ist wunderbar und ich fühle mich topfit. Zuhause angekommen habe ich richtig Hunger! Beim Mittagessen (Feldsalat mit Pellkartoffel) mache ich es besser und genieße die Mahlzeit langsam und mit allen Sinnen. Abends gibt es Karotten und Sellerie mit einem leckeren Dip. Es ist geschafft!


Mein Fazit:

Fasten ist eine intensive Selbsterfahrung, die sich im Ergebnis lohnt. Obwohl ich entgegen der landläufigen Empfehlung während einer Arbeitswoche gefastet habe, hatte ich zu keiner Zeit den Eindruck, geschwächt oder weniger konzentriert zu sein. Im Gegenteil: die Ablenkung hat sicherlich geholfen, durchzuhalten. Daneben sind ein paar Kilo weniger auf der Waage ein schöner Nebeneffekt. Aber, da sollte man sich nicht zu früh freuen: das ist hauptsächlich Wasserverlust. Die ganz große Fasten-Euphorie jedoch, die in Büchern oft beschrieben wird, ist bei mir ausgeblieben. Ein Aspekt, der mich beim Fasten aber nachhaltig beeindruckt hat, ist der der Entbehrung. Der bewusste Verzicht auf Nahrung hat mir erneut vor Augen geführt, mit welcher Selbstverständlichkeit und oftmals achtlosigkeit wir Lebensmittel zu uns nehmen. Darüber hinaus empfinde ich die neu erfahrene Nähe zum eigenen Körper, die Fasten tatsächlich bewirkt, als besonders wertvoll.


Die oben erwähnten Bücher:

[1] Dahlke, "Das Geheimnis der Lebensenergie unserer Nahrung", Arkana 2015

[2] Frankenbach, "Somatische Intelligenz", Koha 2014

[3] Lützner, "Wie neugeboren durch Fasten", GU 2013


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