Viele Menschen haben ein solides (theoretisches) Grundwissen über gesunde Ernährung. Dennoch weicht das individuelle Essverhalten oft signifikant davon ab. Warum ist das so? Zu wenig Disziplin? JEIN - Natürlich gibt es Menschen, die sich selbst gut disziplinieren können (meine Mama gehört dazu) und nur dann essen, wenn sie tatsächlich Hunger haben. Genau so sollte es sein. Den meisten von uns geht es aber so, dass wir den jeweiligen Gegebenheiten oft unbewusst nachgeben. Studien haben gezeigt, dass wir Menschen vor allem nach unseren Gewohnheiten essen, und damit zu 80% unbewusst. Das heißt, es gibt in der Regel viele Faktoren, die unser Essverhalten mitbestimmen. Die wenigsten davon haben mit biologischem Hunger zu tun.
Vieles davon habt Ihr schon in Kapitel 01-02 meines Buches "Achtsamkeit und die Kunst des bewussten Essens" erfahren. Darüber hinaus gibt es noch weitere Faktoren, die relevant sind. Zum Beispiel die verschiedenen Hungerarten, die uns antreiben.
Wer sich seines Essverhaltens bewusst werden möchte, kann die Kraft der Achtsamkeit nutzen. Inne zu halten, bevor man etwas isst und fragen: Habe ich tatsächlich Hunger? Warum möchte ich jetzt essen? Weil ich aus dem Flieger steige und die nette Lufthansa Mitarbeiterin mir eine Schokolade aus dem Körbchen anbietet? Weil alle meine Freunde eine Vorspeise im Restaurant bestellen und ich jetzt auch (obwohl ich gar keine wollte)? Weil der Teller mit den Keksen nun mal im Büro steht und ich ständig daran vorbei laufe? Weil ich das jetzt brauche?
Sind wir diesen Bedingungen schutzlos ausgeliefert? Nein. Wir können unser Gehirn sogar manchmal ein bisschen austricksen. 2 Tipps für die, die weniger oft ungewollt essen wollen: (1) Je größer der Behälter, desto mehr essen wir (weil wir einfach mehr in die Schüssel geben). Also immer einen kleinen Teller nehmen und vor dem Nachfüllen überprüfen, ob wir wirklich noch hungrig sind oder ob es einfach nur lecker war und wir deswegen mehr davon wollen; und (2) Die Reihenfolge macht's!: In diversen Experimenten konnte gezeigt werden, dass eine Apfelschorle weniger Apfelsaft enthält (und damit weniger Zucker), wenn Probanden zuerst Mineralwasser statt Saft in das Glas schütten (ich habe das wie viele bislang anders herum gemacht). Bei Müsli und Joghurt/Milch wurde derselbe Effekt festgestellt. Je nachdem, ob man zuerst Müsli oder Joghurt/Milch in die Schüssel füllte, wurden von Proanden mehr oder weniger Kalorien aufgenommen, weil man im zweiten Fall (Joghurt/Milch zuerst) weniger Müsli eingefüllt hat.