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Wie unsere Darmbakterien unser Essverhalten beeinflussen


Was haben unsere Darmbakterien mit unserem Essverhalten zu tun? Überraschend viel! Früher ist man davon ausgegangen, dass unser Darm eine Art Dampfmaschine ist, die die Nahrung verarbeitet. Heute weiß man, das unser Darmmikrobiom ("Darmflora") nicht nur eine entscheidende Rolle bei der Verdauung und der Nährstoffaufnahme spielt, sondern auch Einfluss auf unser Essverhalten hat.


Was ist das Darmmikrobiom?

In unserem Organismus leben 100 Billionen von Mikroorganismen. Hauptsächlich Bakterien und Pilze, aber auch Viren und Parasiten. Diese Zahl macht 10 mal so viel aus, wie die Anzahl unserer eigenen menschlichen Zellen. Wir bestehen also vor allem aus "fremden" Bewohnern. Krass, oder? Da fragt man sich, wer in einem solchen System letztlich das Sagen hat.


Die meisten der in und auf uns lebenden Mikroorganismen befinden sich in unserem Darm (die Darmmikroben) und bilden unser Darmmikrobiom. Dort verstoffwechseln sie unsere Nahrung und erzeugen für uns wichtige Substanzen, wie Enzyme, Neurotransmitter, Vitamine und andere chemische Stoffe. Die gelangen dann in die Blutbahn und werden von dort aus in die Zellen transportiert. Außerdem schützt unser Darmmikrobiom uns vor Krankheiten, indem es physikalische Barrieren gegen pathogene Keime, Viren und Parasiten aufstellt und einen erheblichen Einfluss auf unser Immunsystem hat. 80% unseres Immunsystems befinden sich nämlich im Darm. Die Forschung geht mittlerweile davon aus, dass eine Vielzahl von Krankheiten auch dort entsteht. Schließlich vermutet man stark, dass unser Darmmikrobiom auch zur Entstehung von psychischen Krankheiten (z.B. Depressionen) beiträgt. Wie es das tut, weiß man noch nicht.


"Der Darm ist der Vater aller Trübsal"

Hippokrates von Kos (370 v.Chr.)



Kommunikationskanal Darm-Hirn-Achse

Über den Vagusnerv besteht zwischen unserem Darm und unserem Gehirn sogar eine anatomische Verbindung, die sog. Darm-Hirn-Achse, über die 24/7 ein intensiver Informationsaustausch stattfindet. Hier sagt nicht etwa nur unser Gehirn dem Darmmikrobiom, was es zu tun hat, sondern auch umgekehrt! Es wird daher auch als zweites Gehirn oder Bauchhirn bezeichnet. Neben vielen anderen Fähigkeiten und Funktionen nehmen unsere Darmmikroben sogar Einfluss auf unsere Emotionen, denn sie produzieren Moleküle, die psychoaktiv sind und auf unsere Stimmungslage einwirken.


Einfluss auf unser Essverhalten

Die Kommunikation auf der Darm-Hirn-Achse prägt also auch unser Essverhalten. Das erreichen unsere Darmbakterien durch chemische Substanzen, die sie produzieren. Diese wirken wie Hormone und Botenstoffe in unserem Gehirn (z.B. Serotonin und Dopamin) und beeinflussen unser Hungergefühl, Sättigungsgefühl und unser Verlangen nach bestimmten Nahrungsmitteln. So wird z.B. sog. "Frustessen" durch unser Darmmikrobiom gezielt gesteuert. Tierversuche zeigen, dass fettreiche und zuckerhaltige Nahrung “Seelentröster” sind, da sie negative Spannung abbauen. Und es gibt starke Indizien dafür, dass unsere Mikroben wahrnehmen, wenn wir frustriert sind, und uns genau zu diesem Essen verleiten. Das heißt, wenn unser Gehirn versucht, ruhiger und glücklicher zu werden, signalisieren ihm unsere Darmmikroben, dass zuckerhaltiges und kohlenhydratreiches Essen jetzt genau das richtige ist. Mit bewusstem Essen hat das nix zu tun.


Beschaffenheit verbessern!

Für unsere Gesundheit ist es wichtig, dass die Anzahl der guten und neutralen Bakterien, die der potenziell schädlichen weit übersteigt. Ein Überfluss von schlechten Organismen hingegen kann zu einer Vielzahl von Krankheiten führen. Wie gut es unserem Darmmikrobiom geht, haben wir größtenteils selbst in der Hand. Denn seine Beschaffenheit hängt davon ab, ob wir seine Erzfeinde zulassen (siehe unten) und von unserer Ernährung. Um durch Letztere positiv Einfluss zu nehmen, sind Probiotika ein vielversprechendes Mittel.


Probiotika (griechisch Pro + bios, "für das Leben") sind lebende Bakterien, die zu einem natürlichen Gleichgewicht der Mikroben im Darm beitragen. Sie sind sehr vereinfacht ausgedrückt die guten Bakterien, die wir bereits in unserem Darm haben.


Es gibt rund 400 verschiedene Bakterienarten mit probiotischen Eigenschaften. Die größte Gruppe davon im Darm sind die Milchsäurebakterien. In unserer Nahrung befinden sich diese vor allem in fermentierten Lebensmitteln: wie z.B. Sauerkraut, Rejuvelac, sauer eingelegten Gurken und Gemüse, Kombucha-Tee, Miso, Joghurt (sofern er lebende Kulturen enthält und nicht pasteurisiert ist), rohem Honig und rohem Apfelweinessig. Da Milchsäurebakterien säureresistent sind, können sie die Passage durch den Magen überstehen und sich im Darm ansiedeln.


Probiotische Bakterien können im Darm einige Zeit überleben, vorausgesetzt man füttert sie. Das Mikrobiom ist ein dynamisches System, das sich an die Nahrungszufuhr anpasst: Wie bei anderen Organismen auch, vermehren sich Bakterien, wenn sie Nahrung bekommen und sterben, wenn sie keine bekommen. Ohne die richtige Nahrung können also auch die guten Darmbakterien ihre wichtigen Aufgaben für uns nicht erfüllen. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das: Je nach dem, welche Nahrung wir zu uns nehmen, füttern wir die guten oder die schlechten Bakterien. Füttern wir die guten, haben schlechte Bakterien durch den Wachstumsschub auch schlechtere Karten, sich auszubreiten.


Am besten täglich Probiotika und Präbiotika

Präbiotika sind chemisch gesehen kohlenhydrathaltige Pflanzenfasern, die wir nicht verdauen können, aber unseren guten Darmbakterien als Nahrung dienen. In der Ernährung spielen dabei vor allem Inulin und Oligosaccharide eine wichtige Rolle. Für die Zufuhr von Präbiotika sind frisches Obst und frisches Gemüse, z.B. insbesondere Knoblauch, Lauch, Zwiebeln, Chicorée, Körner, Hülsenfrüchte, Samen und Nüsse die besten Quellen. Darüber hinaus resistente Stärke, wie sie in gekochten und abgekühlten Kartoffeln oder Reis enthalten ist, sowie in eher unreifen Bananen.


Die Erzfeinde unserer Darmmikroben

Erzfeinde hat unser Darm auch, und für eine gesunde Mikrobengemeinschaft sind vor allem: (1) Substanzen, die gute Bakterien abtöten oder negativ verändern (z.B. Umweltgifte, Chlor im Leitungswasser sowie Medikamente und vor allem Antibiotika*); (2) zu wenig Nährstoffe, die ein gesunde Vielfalt an Bakterien fördern und der erhöhte Konsum von Zucker, Süßstoff und einfachen Kohlenhydraten sowie schlechtem Fett; (3) negative Gefühle (!): Sie machen den Darm durchlässiger, aktivieren das Immunsystem, veranlassen endokrine Zellen in der Darmwand, Signalmoleküle abzugeben (z.B. das Stresshormon Adrenalin) und reduzieren wichtige Mitglieder der Mikrobengemeinschaft und (4) Stress.


*Die Produktion von Billigfleisch und Milchprodukten aus der Massentierhaltung bedeutet immer, dass eine zu hohe Zahl von Nutztieren auf zu wenig Raum gehalten wird – und dies ist nur unter Einsatz großer Mengen von Antibiotika möglich. Diese landen letztlich auf unserem Teller und zerstören unsere gute Darmbakterien. Das heißt, Fleisch und Milchprodukte sollte man wenn überhaupt nur in Bio-Qualität kaufen.


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